Wer zum ersten Mal einen Poetry Slam besucht, wird quasi zwangsläufig mit einer Menge an Begrifflichkeiten, Regelwerk, Veranstaltungsmodi und Fachvokabular konfrontiert. Erstmal: Keine Sorge! Die Regeln sind immer leichter als sie klingen, und die Menschen, die die Veranstaltung moderieren, werden immer alles doppelt und dreifach erklären. Für alle, die sich trotzdem einen Überblick über Regeln, Abläufe und Co verschaffen, oder einfach von Anfang an mitreden möchten, haben wir euch unser Poetry Slam-ABC mit den 26 wichtigsten Begriffen zusammengestellt. In dieser Ausgabe: M -Z
M – Moderation
Eine gute Veranstaltung steht und fällt mit einer guten Moderation. Bei jedem Poetry Slam werdet ihr von mindestens einem Menschen durch den Wettbewerb geführt, damit vorab alle nochmal die Regeln hören und verstehen können, die Jury vorab ihr Briefing bekommen kann und der Abend Struktur hat. Bei Poetry Slams trifft man oft auf Moderator*innen, die selbst kunstschaffend sind, in Hamburg zum Beispiel auf die Standup-Comedians Felix Treder, Anna Bartling und Hinnerk Köhn, Lyrikerin und Autorin Paulina Behrend, oder Musiker und Autor David Friedrich. Die Moderationen sind mindestens so sehenswert, wie der Rest der Show! Noch ein Tipp: Mehr über das Moderator*innen-Game hört ihr in unserem Host-Special beim Kampf der Künste Podcast auf Spotify.
N – Newcomer*innen
Waren wir alle mal… angefangen hat Poetry Slam in Deutschland vor vielen Jahren als offene Bühne für Autor*innen. Damals konnte man sich häufig am Abend selbst vor Ort melden und hat einen Platz im Programm bekommen. Mit zunehmender Professionalisierung sind die Bookings zwar ausgewählter geworden, gleichzeitig haben sich aber auch sehr gut organisierte Strukturen für die Förderung von Newcomer*innen etabliert. Auf der Kampf der Künste-Homepage findet ihr alle Infos, wenn ihr auf Hamburger Bühnen eure Texte präsentieren wollt.
O – Originalität
Ist das Allerwichtigste und die Kern-Regel beim Poetry Slam. Alle Texte, die im Wettbewerb präsentiert werden, müssen selbstgeschrieben sein und dürfen nicht überwiegend gesungen werden. Kurze Zitate sind natürlich erlaubt.
P – Podcasts
Wo Menschen gut Sprechen und Schreiben können, hört man gerne zu. Dementsprechend haben sich im Laufe der Zeit Podcasts von den verschiedensten Persönlichkeiten der Slam-Szene hervorgetan. Nur einige Beispiele sind der „Ich kann nicht gut mit Menschen“-Podcast von Jule Weber und Malte Küppers, „Normale Möwe“ mit Hinnerk Köhn und Max Scharff, die ganze Reihe an Podcasts von Jean Phillip Kindler und dem Studio Rot-Kollektiv und natürlich der Kampf der Künste-Podcast mit Hintergründen und Live-Texten auf Spotify.
Q – Qualifikationen
Seien wir ehrlich: Bei vielen Poetry Slams geht es um nichts außer Spaß an der Freude. Aaaaaber: Einige der größeren Veranstaltungen sind in eine Art Liga-System eingebunden. Und je später das Jahr, desto mehr geht es auf die großen Meister*innenschaften zu – von den Saisonfinals, über regionale- und Landesmeisterschaften bis hin zu den deutschsprachigen Meister*innenschaften mit Teilnehmenden aus vier deutschsprachigen Ländern. Der Sieg bei einem der monatlichen Slams, oder bei einem der Saisonfinals, kann für die entsprechende Person also schon der Auftakt sein, um Monate später bei einem der großen, karrieretreibenden Events auftreten zu können.
R – Respect the Poets
Die einzige Wettbewerbsregel, die nicht für die Menschen auf der Bühne gilt. Wer im Publikum einer Slam-Veranstaltung sitzt, oder sogar die Jury bildet, sieht auf der Bühne Menschen, die ihre künstlerischen Gedanken einer breiten Masse zur Bewertung vorwerfen und das verdient wortwörtlich Respekt. Jegliche Form von Diskriminierung wird natürlich absolut nicht geduldet, aber zu Respect the Poets gehört auch: Leise sein, Zuhören und alle Menschen auf der Bühne mit dem lautest-möglichen Applaus zu begrüßen.
S – Startplatz Eins
Der erste Startplatz ist traditionell das undankbarste Zeitfenster im Wettbewerb und ist entsprechend gefürchtet. Das Publikum ist noch nicht aufgewärmt, die Jury hält die 10-Punkte zurück, falls noch was Besseres kommt… Alles nicht schön! Die Auftrittsreihenfolge bei Slams wird daher immer gelost und Moderation und Feature arbeiten vorweg am größtmöglichen Hype, damit auch die erste Person im Wettbewerb den Zenit der Stimmung im Saal mitnehmen kann.
T – Texte
Sind natürlich das Kernstück jedes Poetry Slams. Solange sie selbstverfasst und im Zeitlimit sind, geht eigentlich alles. Rap, Lyrik, Prosa, Geschichte, Beatboxing, oder alles gleichzeitig. Ernste Anliegen sind genauso willkommen wie persönliche Eindrücke oder Comedy, Satire und Quatsch. Vieles wird vorgelesen, einiges auswendig vorgetragen. Was einen Text zum guten Text macht, entscheidet am Ende ihr im Publikum.
U – U20
Alle Slammer*innen, die noch nicht 21 Jahre alt sind, fallen in den U20 Bereich. Wer in diesem Alter mit dem Slammen anfangen möchte, findet in vielen großen Städten ein breites Angebot Wettbewerben, bei denen besonders auf Awareness und Jugendschutz geachtet wird. Auch für die unter 21-Jährigen gibt es regionale und internationale Meister*innenschaften. Bei Kampf der Künste könnt ihr euch über kommende Workshops und U20-Slams in Hamburg informieren.
V – Veranstaltungskalender
Egal ob Poetry Slam, Songwriter-Slam, Comedy-Slam oder Stand Up Show. Auf kampf-der-kuenste.de findet ihr mehr als wöchentliche Kleinkunst-Events in Hamburg und den umliegenden Städten. Schaut gerne rein!
W – Workshops
Egal ob an Schulen, für Unternehmen, für Menschen, die auf die Bühne wollen, oder für die, die einfach für sich neue Wege finden möchten sich auszudrücken. Von erfahrenen Menschen aus der Slam-Szene werden deutschlandweit Workshops angeboten, bei denen kreatives Schreiben und die Grundlagen von Lyrik, Humorarbeit und Co. vermittelt werden. Wenn ihr euch im Slammen versuchen wollt, findet ihr Workshopangebote bei Kampf der Künste. Wenn ihr einen Workshop für eine Schule, ein Unternehmen oder mehr buchen wollt, kann euch in Hamburg die Agentur Slampool weiterhelfen.
X – X/O-Wertung
Wenn es mal wirklich um viel geht in einem Wettbewerb, aber zwei der Teilnehmenden auf die Nachkommastelle dieselben Punkte haben, dann werfen wir eine Münze. Nein, natürlich nicht! In so einem Fall ist das letzte Mittel der Wahl die X/O-Wertung. Euch ist sicher aufgefallen, dass die Jurytafeln immer ungrader Anzahl sind. So lassen sich Mehrheiten „erzwingen“. Bleiben die Punkte zweier Menschen also immer gleich, so muss jedes Jurymitglied sich für meinen der beiden Menschen entscheiden und für die Person ein X oder ein O als Tafel heben.
Y – YouTube-Channels
Viele von den Texten, die ihr auf Kampf der Künste-Events zu hören bekommt, gibt es auch nochmal zum Nachschauen im Netz. Die Autor*innen freuen sich über Klicks, Shares und liebe Kommentare. Checkt mal Poetry Slam TV bei YouTube aus.
Z – Zeitlimit
Viele Regeln haben Poetry Slams nicht, das Zeitlimit ist jedoch eine der wichtigsten. Bei jedem Slam gibt es eine festgelegte Zeit, die die Künstler*innen ab ihrer ersten Handlung auf der Bühne haben, um fertig zu werden. Bei einigen Slams, insbesondere bei Gala-Abenden wie Best of Poetry Slams, wird das Limit lockerer ausgelegt. Spätestens bei Meister*innenschaften gilt aber: Ist ein Text nicht zu Ende gelesen, wird die Performance von den Moderator*innen unterbrochen. Ausgeschieden ist man damit nicht, gewinnen kann man auch noch – aber es ist schade um die Schlusspointe.
KOLJA FACH (*1998) steht nicht nur als Slammer
und Satiriker auf den Bühnen des Landes -
als Journalist bewegt er sich immer zwischen
Hochkultur, Underground, Politik und dem sozialen Leben.
So arbeitet er unter anderem neben seinen Auftritten
als Redakteur für Bremen Next und Bremen Zwei.
Erschienen in Programmheft 31.07.2024